Definition und Abgrenzung

Der Begriff „Fake News“ wird in der öffentlichen Debatte für unterschiedliche Phänomene verwendet. Zur Systematisierung schlagen Egelhofer und Lecheler [1] eine Unterscheidung zwischen Fake News als Genre und Fake News als Etikett vor. Mit Fake News als Genre sind „pseudo-journalistische Falschinformationen“ [2] gemeint, während Fake News als Etikett den Angriff auf und die Kritik an journalistischen Qualitätsmedien meint (z. B. den Vorwurf der „Lügenpresse“).

Da der Begriff also nicht eindeutig verwendet wird, benennen Zimmermann und Kohring [3] die Ausprägung von Fake News als Genre inhaltlich sehr viel treffender als „Desinformation“. Diesem Vorschlag soll auch hier gefolgt werden.

Unter Desinformation können demnach Nachrichtenmeldungen verstanden werden, die absichtlich und nachweislich falsch sind und die Rezipient:innen irreführen sollen [4]. Es handelt sich dabei also um Beiträge, die auf fehlerhaften Fakten und/oder fiktiven Berichten basieren, aber wie seriöse Nachrichtenmeldungen wirken sollen. Ein wichtiges Charakteristikum von Desinformation ist demnach die Intentionalität, die Irreführung geschieht wissentlich, bewusst und vorsätzlich [5]. Davon abzugrenzen sind unbeabsichtigte Fehler, die natürlich immer wieder in journalistischen Produkten zu finden sind, denen jedoch keine bewusste Täuschungsabsicht zugrunde liegt. Ein weiteres zentrales Kriterium von Desinformation ist, dass der Inhalt empirisch falsch ist, es handelt sich dabei also um eine Form der Falschmeldung. Desinformation schließt auch audio, visuelle oder audiovisuelle Inhalte mit ein.

Die Verbreitung von Desinformation kann online oder über andere mediale Kanäle geschehen, das ist aber nicht zwingend. Falschmeldungen können auch im Rahmen von interpersonaler Kommunikation weitergegeben werden.

Geschichte

Ursprünglich wurde unter dem Begriff Fake News Nachrichtensatire oder Nachrichtenparodie verstanden [6]. Die Verbreitung von Desinformation ist ein schon sehr altes Phänomen – auch in klassischen Massenmedien oder in der Klatschpresse wurden immer wieder Gerüchte und auch Falschinformationen publiziert.

Mit dem Aufkommen der digitalen Kommunikationsmöglichkeiten hat das Phänomen jedoch neuen Aufwind erhalten. Vor allem soziale Medien bieten eine gute und schnelle Möglichkeit, Desinformation an ein vergleichsweise breites Publikum zu verbreiten.

Besonders im Kontext des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2016 wurde viel über Desinformationskampagnen und deren Wirkung diskutiert, da in dessen Rahmen überwiegend Falschnachrichten zugunsten von Präsidentschaftskandidat Donald Trump auf Facebook kursierten.

Prävalenz und Risiken von Desinformation

Desinformationen sind vor allem im Kontext der politischen Kommunikation und hier besonders im Rahmen von meinungsbildenden Zusammenhängen wie beispielsweise in Wahlkämpfen relevant. Das Ziel ist hier häufig, mit Falschnachrichten Einfluss auf die öffentliche Debatte zu nehmen und/oder bestimmte politische Lager zum Wählen zu motivieren [7].
Studien zeigen jedoch, dass die Prävalenz von Desinformationen häufig deutlich höher eingeschätzt (und damit überschätzt) wird als der eigentliche Kontakt von Rezipient:innen mit Falschinformationen [8, 9].

Desinformationskampagnen sind unter anderem deshalb gefährlich, weil sie den sachlichen Meinungs- und Willensbildungsprozess untergraben, indem diesem falsche Informationen zugrunde gelegt werden [10]. Die Gefahr, dabei Falschinformationen auf den Leim zu gehen, ist besonders für die Gruppe derjenigen ausgeprägt, die ihre Informationen nur online, zum Beispiel über soziale Medien, beziehen und kaum Kontakt zu anderen Nachrichtenquellen und/oder kaum Kontakt zu Personen mit einer vielfältigeren Mediennutzung haben.

Da Falschinformationen häufig wie journalistische Beiträge aufgemacht sind, sind diese oft nicht auf den ersten Blick erkennbar. Tandoc et al. [11] stellen heraus, dass sich Rezipient:innen häufig auf ihr eigenes Urteil verlassen und bei Unsicherheiten externe Ressourcen zur Authentifizierung herangezogen werden. Für die Richtigstellung und Korrektur von Falschnachrichten ist zudem das soziale Umfeld entscheidend.

Forschungsprojekte am bidt

Im Rahmen des Projekts „Herausforderungen der Regulierung digitaler Kommunikationsplattformen“ am bidt wird die Sicherung von Qualität der öffentlichen Kommunikation erforscht. Insbesondere die Verhinderung von Desinformation im Netz ist eine Herausforderung, die im Rahmen empirischer Untersuchungen tiefer behandelt wird. Konkret geht es um die zentrale Frage, inwieweit Plattformen so reguliert werden können, dass Meinungsvielfalt gewährleistet und Desinformation verhindert wird und zugleich das Datenschutz-, Urheber- und Wettbewerbsrecht gesichert ist.

Die Herausforderung der Desinformation wird zudem im Rahmen des Projekts „Digitalisierung als Treiber der Pandemie? Mediale Krisenkommunikation unter den Bedingungen digitaler Öffentlichkeiten während der Coronakrise 2020/2021“ erforscht. Mit diesem Projekt wird die öffentliche Meinungsbildung in Krisenzeiten tiefer untersucht und dabei spielt die Analyse der Entstehung und Verbreitung von Desinformation eine wichtige Rolle.

Das Projekt „Messung von Meinungsmacht und Vielfalt im Internet: Pilotprojekt zur publizistischen Konzentrations­kontrolle“ entwickelt Vorschläge, wie die Meinungsmacht von Intermediären im Internet ermittelt und im Rahmen der Regulierung berücksichtigt werden kann.

Weiterführende Links und Literatur​​​​

Quellen

[1] Egelhofer, J. L., Lecheler, S., Fake news as a two-dimensional phenomenon: A framework and research agenda, in: Annals of the International Communication Association 43/Nr. 2 (2019), 97–116.

[2] Zimmermann, F., Kohring, M., „Fake News“ als aktuelle Desinformation. Systematische Bestimmung eines heterogenen Begriffs, in: M&K Medien & Kommunikationswissenschaft 66/Nr. 4 (2018), S. 527.

[3] Zimmermann, F., Kohring, M., „Fake News“ als aktuelle Desinformation. Systematische Bestimmung eines heterogenen Begriffs, in: M&K Medien & Kommunikationswissenschaft 66/Nr. 4 (2018), S. 526–541.

[4] Allcott, H., Gentzkow, M., Social media and fake news in the 2016 election, in: Journal of economic perspectives 31/Nr. 2 (2017), S. 211–236.

[5] Zimmermann, F., Kohring, M., „Fake News“ als aktuelle Desinformation. Systematische Bestimmung eines heterogenen Begriffs, in: M&K Medien & Kommunikationswissenschaft 66/Nr. 4 (2018), S. 526–541.

[6] Ebd.

[7] Brodning, I., Fake News im Netz: Wie Fake News, Populisten und unkontrollierte Technik uns manipulieren, Brandstätter Verlag Wien 2018.

[8] Allcott, H., Gentzkow, M., Social media and fake news in the 2016 election, in: Journal of economic perspectives 31/Nr. 2 (2017), S. 211–236.

[9] Quandt, T., Frischlich, L., Boberg, S., Schatto‐Eckrodt, T., Fake news, in: The international encyclopedia of Journalism Studies (2019), S. 1–6.

[10] Zimmermann, F., Kohring, M., „Fake News“ als aktuelle Desinformation. Systematische Bestimmung eines heterogenen Begriffs, in: M&K Medien & Kommunikationswissenschaft 66/Nr. 4 (2018), S. 526–541.

[11] Tandoc Jr, E. C., Ling, R., Westlund, O., Duffy, A., Goh, D., Zheng Wei, L., Audiences’ acts of authentication in the age of fake news: A conceptual framework, in: New Media & Society (2018), 20/Nr. 8, S. 2745–2763.